„Der Krebs kam genau zur richtigen Zeit“

Im Interview: Rebekka

Als Rebekka 2010 das erste Mal an Brustkrebs erkrankte, empfand sie neben der Angst ein überwältigendes Gefühl der Erleichterung. Bis zu der Diagnose arbeitete sie ununterbrochen, war ständig auf Achse und führte ein recht ungesundes Leben. Endlich konnte sie loslassen, durfte schwach sein und einfach mal zur Ruhe kommen.

Nach mehreren Operationen, Chemotherapie und Bestrahlung kehrte der Krebs 2014 zurück. Doch auch davon ließ sich Rebekka nicht unterkriegen. Heute lebt sie ein ruhigeres Leben, gönnt sich bewusste Auszeiten und lässt sich von unserer Leistungsgesellschaft nicht mehr unter Druck setzen. Ihr Mann und ihre engsten Freunde, die Rebekka sehr wichtig sind, geben ihr Rückhalt.

Rebekka im Interview

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Welche drei Eigenschaften beschreiben Dich am besten?
„Optimistisch, pragmatisch, ehrgeizig“

Was ist Dein Lieblingszitat oder Lebensmotto?
„Herr, schenke mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut. Dinge zu ändern, die sich ändern lasssen, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ (Reinhold Niebuhr)

Wofür bist Du dankbar in Deinem Leben?
„Für meine Familie und meine Freunde.“

Was tut Dir gut?
„Singen, mich bewusst zurückziehen, im Wald spazieren gehen.“

Wie hast Du Dich durch die Erkrankung verändert?
„Ich denke, ich bin ruhiger geworden. Mir ist bewusst geworden, dass es nichts gibt, was ich nicht schaffen kann. Manchmal denke ich, mein Mitgefühl ist größer geworden, aber das kann auch generell am Alter liegen.“

Was bedeutet Glück für Dich?
„Mit Menschen, die mir nahe stehen am Ostseestrand sitzen, den Sonnenuntergang zu beobachten , eine Glas Wein in der Hand. Vor allem aber ist es das Gefühl genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Es hat viel mit den Menschen um mich zu tun, manchmal ist es aber der überwältigende Anblick der Natur oder der Klang von Musik, welche mir in diesem Moment direkt in die Seele fließt, der Duft, der eine schöne Erinnerung weckt. Auf jeden Fall ist Glück flüchtig, man kann es nicht fordern oder suchen und erst recht nicht festhalten, es überfällt einen ganz plötzlich. Und das ist auch ok, wäre man immerzu glücklich, wäre es ja kein Glück mehr.“

Was ist Deine größte Angst?
„Vor den Menschen zu sterben, die ich liebe.“

Was hat Dir durch die schwere Zeit der Krankheit geholfen?
„Die Menschen, die ich liebe. Nicht alleine zu sein auf dieser Welt ist wohl das größte Geschenk, was ich jemals erhalten habe. Aber auch genauso, mir immer wieder bewusst zu machen, dass es Menschen gibt, die ein sehr viel schwereres Schicksal haben als ich.“

Was würdest Du anderen Menschen mit Krebs mit auf den Weg geben?
„Nimm Hilfe an (das musste ich erst lernen). Es hilft Dir und den anderen, denn sie sind noch verunsicherter als Du.“

Ich wünsche mir …
„Wenn ich an die Krankheit denke, wünsche ich mir mehr Verständnis von den Leuten für den Rattenschwanz, der einen nach der Behandlung erwartet. Ständige Arztbesuche, Ängste, Erschöpfung durch Fatigue. Nebenwirkungen der Operationen, Chemotherapie oder Bestrahlung. Das ist alles noch da, wenn man als „gesund“ entlassen wird. Ich möchte da nicht jammern, aber es ist manchmal schwer, Verständnis zu bekommen in unserer Leistungsgesellschaft, wenn man nicht mehr richtig funktioniert, aber auch keinen weiteren Grund dafür hat, als eine jahrelang zurückliegende Krankheit.“

Was ich noch loswerden möchte …
„Ich habe es nie als schweren Schicksalsschlag gesehen, Krebs gehabt zu haben. Als ich die Diagnose bekam, hatte ich sehr schnell ein überwältigendes Gefühl von Erleichterung. Endlich mal loslassen, endlich mal schwach sein dürfen, endlich zur Ruhe kommen. Viele verstehen das nicht, weil jeder sagt: „Aber man wünscht sich doch keinen Krebs!“. Habe ich auch nicht, aber als er da war, war es gut. Es hat mir geholfen mich zu fokussieren.“

Rebekka Klebe 2
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